Ingo Bracke > licht.atem: demokratie

Ausstellung | 21.11. 21 bis 10.2.22
Das Hambacher Schloss – wie eine rhythmisch leuchtende Laterne

Zur Eröffnung erwartet die Besucher eine über den gesamten Schlossberg hinweg angelegte Licht- und Klangperformance. In einer großformatigen Projektion lässt Ingo Bracke die talseitigen Fassaden des Schlosses in sich langsam auf- und abschwellenden Lichtwellen, die wie Atembewegungen vom Schloss aus weit hinein in die oberrheinische Tiefebene fließen, erstrahlen. Der große Bogen dieser Lichtperformance ist die Atembewegung aus Licht. Aus der Dunkelphase heraus erblühen Grafiken und Textpassagen, die sich auf politische und demokratischen Inhalte beziehen. So wie bei der additiven Farbmischung die Summe aller Lichtfarben Weiss ist, ebenso lässt sich das weiße Licht wieder in seine Farbbestandteile zerlegen. Diese physikalische Eigenschaft des Lichts lässt sich auf die Demokratie übertragen. Erst im Zusammenspiel aller Farben, in der Symphonie aller politischen Couleurs wird die Demokratie lebendig. Der Atem überlagert diese demokratischen Prozesse, indem er im Einatmen alle Partikel der Welt in sich aufnimmt und sich im Ausatmen wieder verströmt.

„In den hellen Phasen liegt die Kraft, aber das Entscheidende ereignet sich in den Dunkelphasen … im Moment des Ausatmens, des Loslassens, in der Stille des Zwielichts.“ (Ingo Bracke)

Akt I

Der erste Akt besteht aus einer etwa 10 minütigen Bildsequenz, in der sich viele Ebenen überlagern. Zusammen mit einer Soundperformance entsteht ein räumliches Klangerlebnis mit improvisierten Partien, die intuitiv im Moment entstehen. Licht und Klang verleihen der Vielstimmigkeit einer Demokratie einen expressiven Ausdruck. Beim Eintauchen in die Dunkelheit wird das weiße Licht des Schriftzugs L-ICH-T also das ICH in LICHT zur Farbe und aus der Dunkelheit werden Lichtzeichnungen geboren. Die inhaltliche Ebene der Grafiken entwickelt sich vom LICHT über das ICH zum DU und weiter zum WIR. Die Passagen von Licht und Dunkelheit bilden farbige Grenzflächen: Das strahlende, helle Weiß durchquert in seiner abschwellenden Lichtbewegung den Farbenkreis. Für einen kurzen Moment erstrahlt das Schloss in den Farben des Regenbogens.

 

AKT II

Der zweite Akt stellt die Farben des Regenbogens in den Vordergrund, die für die LGBT-Bewegung stehen. Sie spiegelt die Farben der Vielfalt und die Bandbreite menschlicher Lebensformen und des Geschlechts wider. Bracke lässt die Farben des Regenbogens zeitlich versetzt sichtbar werden.

„Ich möchte den zweiten Akt des Kunstprojektes dem Thema der Minderheiten widmen. Im Osten Europas werden die Lebensrechte von Schwulen und Lesben auch im 21. Jahrhunderts mit Füssen getreten. Und auch in unserer Gesellschaft lässt sich noch viel tun in Punkto Inklusion, u.a. für Menschen mit Behinderung.“ (Ingo Bracke)

 

Artefakte der absoluten Kunst

Ingo Bracke kehrt nach 14 Jahren an den Ausgangsort seiner ‚Werkgruppe zur Demokratie‘, einer Lichtinstallation zum 175-jährigen Jubiläum des Hambacher Festes zurück und besetzt mit seinen künstlerischen Positionen eine Schnittstelle, an der sich die vergessene Tradition barocker Festkultur, der Ausstellungsgestaltung, der Operninszenierung und der Bildenden Kunst im Licht durchdringen. Bracke entwickelt hybride Kunstformate für vorgefundene Orte und historische Gebäude, die er vor allem mit den Medien Licht und Klang in temporäre Kunstwerke überführt. Er beleuchtet und erleuchtet so die den Orten innewohnenden Themen und bringt sie durch Resonanzen zum Schwingen. Jüngste Werke dazu in den Jahren 2018 bis 2020 entstanden im Auftrag der Bundesregierung in Berlin und Hamburg. Für die Fernsehtürme und in Dresden für die Brühlschen Terrassen schuf er die Installationsreihe «Demokratie braucht Inklusion».

 

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Bildunterschriften :

| Ingo Bracke  | 2021 | licht.atem_demokratie | Foto: Jochen Heim | VG Bildkunst | Hambacher Schloss |