Peter Weibel: Licht als Information

Symposium | 8.  – 9. Februar 2018

Licht ist eine Botschaft des Universums

Die Geschichte des Lichts ist mit der Geschichte der Menschheit auf eine Weise verschränkt, die wir nicht anders als eine Conditio sine qua non bezeichnen können. Der Pleonasmus »Ohne das Licht gäbe es keinen Kosmos, und ohne das Licht gäbe es keine Menschheit« ist folglich so grundlegend wahr wie aus informationstheoretischer Perspektive überflüssig. Die jahrtausendealten Mythen zur Metaphysik des Lichts haben in diesen ursächlichen Korrespondenzen ihre Quelle, was an einigen Beispielen verdeutlicht werden soll. Zunächst ein Beispiel aus der Religionsgeschichte, wo die Verehrung der Sonne als Quelle allen Lebens zur Begründung des Monotheismus im altägyptischen Sonnenkult führte. Die kosmische Macht, die sich in der Sonne manifestiert, wurde bereits früh als Gottheit Re (»Sonne«) innerhalb eines vielteiligen ägyptischen Göttersystems verehrt und erhielt unter der Herrschaft des Pharaos Echnaton schließlich eine herausragende Sonderstellung. Neu benannt als Gott Aton und symbolisiert durch die Sonnenscheibe vermittelt dieser von Echnaton konzipierte kosmotheistische Gott die Erkenntnis, dass »die Sonne und nichts als die Sonne, die durch ihre Strahlen Licht und Wärme … erschafft, und die, indem sie auf diese Weise ständig die gesamte sichtbare und unsichtbare Wirklichkeit hervorbringt, die Annahme anderer Götter überflüssig macht.« Als geschichtlich und moralisch geprägter Monotheismus wurde dieser Glaube an einen einzigen Gott im Judentum durchgesetzt und an das Christentum weitergegeben.

Ein weiteres Beispiel bietet der physiologische Prozess der Photosynthese: Seit Millionen von Jahren wird das Licht (altgriechisch phōs) der Sonne von Pflanzen auf eine Weise absorbiert, dass daraus sauerstoffangereicherte Luft entsteht, nämlich indem Wasser und Kohlenstoffdioxid in Glucose und Sauerstoff unter dem Einfluss von Strahlungsenergie mithilfe des Chlorophylls umgewandelt wird. So wurde aus dem Erdball ein Sauerstoffplanet. Die Lufthülle, die Atmosphäre, welche die Voraussetzung für die Entstehung der Lebewesen auf diesem Planeten bildet, verdankt sich also maßgeblich der Sonne und den Pflanzen. Als eine evolutionäre Antwort auf diese Atmosphäre ist die menschliche Lunge zu betrachten. Eine weitere Antwort der Evolution bietet das menschliche Auge. Es ist die Antwort auf die elektromagnetischen Strahlen des Sonnenlichts. Allerdings vermag das Organ Auge nur einen kleinen Ausschnitt des im Universum existierenden Spektrums wahrzunehmen. Diese Zone des für den Menschen sichtbaren Lichts bildet das Feld der visuellen Künste, bildet den Raum des Sehens, die menschliche Sphäre, aus welcher die Zivilisation, die Kulturen und Künste aufsteigen. Die Luftsphäre und die Lichtsphäre haben also eine gemeinsame Quelle, das Sonnenlicht. Aus dieser Quelle entstanden die Religion, das Leben und die Künste.

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Bildunterschriften:

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teamLab | 2016 | Interactive Digital Installation, Endless | Drawing on the Water Surface Created by the Dance of Koi and People – Infinity | © teamLab

im Text:

Tim Otto Roth | From the Distant Past | 15.9. – 14.10.2010 | Palazzo Franchetti, Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti, Venedig |© ESA/Hubble