Mischa Kuball _ lost artefacts, lost presence

Videoinstallation | 27.05. bis 06.06. – täglich 21:30 bis 23:00

panta rhei – zwischen Himmel und Erde

Im Arne Jacobsen Foyer der Herrenhäuser Gärten lässt sich Beunruhigendes beobachten: hier fließt ein Fluss unter der Decke quer durch das Foyer. Kulturgüter von unschätzbarem Wert scheinen vor unseren Augen einem nicht abreißenden Strom der Vergänglichkeit anheim zu fallen. Mitgerissen von den Wassermassen fließen sie unaufhaltsam aus der barocken Galerie in den gläsernen Quader. Wie gebannt schauen wir auf die Katastrophe: Figuren und Büsten, Münzen und Vasen, alles was die Identität vergangener Epochen und ferner Kulturen ausgemacht hat, alles wird in dieser abstrakten Fluss- und Wasseranimation davon geschwemmt.

Mischa Kuball: „Lost Artefacts – Lost Presents – eine große unter der Decke komplett verlaufende Projektion, ein Fluss von Objekten, die erscheinen und verschwinden. Sie stehen für lost culture, lost minds, lost space, lost thoughts, lost ideas. Sie stehen für eine Kultur, in der gegenwärtig die Dinge in Bewegung geraten. Wir können es nicht mehr festhalten, nicht nur in unserer Kultur. Es ist ein globaler Moment. Deswegen wird aus dem Arne Jacobsen Foyer so etwas wie ein Antimuseum. Nicht mehr ein Ort des Bewahrens, sondern ein Ort der Flüchtigkeit. Und so wird dieser Erzählstrom von den Katastrophen der Antike in die Situation der Gegenwart als Kontinuum projiziert.“

Der Licht- und Konzeptkünstler Mischa Kuball erforscht in seinen Arbeiten architektonische Räume in ihren sozialen und politischen Kontexten. Mit der prunkvollen Parkanlage der Herrenhäuser Gärten auf der einen Seite und einer sehr befahrenen Straße mit Straßenbahnlinien auf der anderen, zwischen barocker Galerie und Schloss-Nachbau ist das Arne Jacobsen Foyer der ideale Raum für Mischa Kuball: ein historisch aufgeladener Schaukasten, dessen Bedeutung er in seiner Video-Arbeit ‚lost artefacts, lost presence‘ intensiv durchleuchtet. Neben der Funktion des Arne Jacobsen Foyers als Schnittfläche zwischen Geschichte und Gegenwart, zwischen Original und Kopie wirft er die Frage der Provenienz der vorbeiziehenden Objekte auf. Werden sie ihren Ursprungsorten möglicherweise zugeführt oder werden sie dauerhaft für alle Zeiten verloren sein? Und wo positionieren wir uns: Stehen wir am Rand dieser Debatte? Oder befinden wir uns mittendrin?

Mischa Kuball: „Es geht mir in lost artefacts, lost presence um die Rolle und Präsenz von kulturellen und rituellen Objekten, die Teil unserer Sammlungen geworden sind – und über deren Ursprung aktuell gestritten wird. Was wissen wir über den ursprünglichen Kontext, was sagt das über unser Kulturverständnis aus?“  

| Mischa Kuball | lost artefacts, lost presence | 2021 | Videoinstallation der KunstFestSpiele Herrenhausen, Hannover |  Still:  © Mischa Kuball, 2021 |